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Einstellung im Verfahren im Zusammenhang mit teilweisem Einsturz der Außenfassade des Bonatzbaus am Stuttgarter Hauptbahnhof
Datum: 07.02.2024
Kurzbeschreibung: In dem Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Baugefährdung gemäß § 319 StGB, das im Zusammenhang mit dem Einsturz von Teilen der Außenfassade des Bonatzbaus am Stuttgarter Hauptbahnhof steht, hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Mitte Januar 2024 das Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt gemäß § 170 Abs. 2 StPO mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Am frühen Morgen des 17. August 2021 kam es am Hauptbahnhof Stuttgart auf der Stuttgart 21-Großbaustelle am dortigen Bonatzbau aufgrund eines fehlenden Mittenauflagers zu einem Versagen eines Dachbinders, nachdem am Tag zuvor Entkernungsarbeiten durchgeführt worden waren. Infolge des Teileinsturzes des Dachbinders brach das Dach in sich zusammen und stürzte teilweise auf die darunterliegende Dachkonstruktion. Dadurch wurde die Außenfassade des Bonatzbaus in Richtung Arnulf-Klett-Platz beschädigt. Etwa zehn große Fassadenteile stürzten 15 Meter in die Tiefe und schlugen im Bereich des dortigen Taxistandes am Mittelaufgang der Arnulf-Klett-Passage ein.
Die durchgeführten Ermittlungen haben keine Hinweise darauf ergeben, dass sich zum Zeitpunkt des Einsturzes Menschen im Bereich der Aufschlagstelle aufgehalten hätten, sodass zumindest deren Verletzung unmittelbar bevorgestanden hätte. Soweit zum Zeitpunkt des Herabfallens der Steine Personen fußläufig die Arnulf-Klett-Passage heraufgekommen waren, befanden diese sich nach Auswertung der erhobenen Beweismittel außerhalb der tatsächlichen Aufschlagstelle.
Hintergrund:
Der Straftatbestand der Baugefährdung setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einen sog. „Beinahe-Unfall“ in
dem Sinne voraus, dass der Eintritt eines Personenschadens nur noch vom Zufall abhängt und gerade „noch einmal alles gut
gegangen sei“. Für die strafrechtliche Bewertung des Geschehens war damit allein der Moment maßgeblich, in dem es zum
tatsächlichen Einsturz kam.
Die Vorschrift des § 319 StGB lautet wie folgt:
§ 319 Baugefährdung
(1) Wer bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines Baues oder des Abbruchs eines Bauwerks gegen die allgemein anerkannten
Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in Ausübung eines Berufs oder Gewerbes bei der Planung, Leitung oder Ausführung eines
Vorhabens, technische Einrichtungen in ein Bauwerk einzubauen oder eingebaute Einrichtungen dieser Art zu ändern, gegen die allgemein
anerkannten Regeln der Technik verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet.
(3) Wer die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Wer in den Fällen der Absätze 1 und 2 fahrlässig handelt und die Gefahr fahrlässig verursacht, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.